Das Licht hören

„Ich möchte das Licht hören“, sagte Prof. Dr. Christoph Fasbender, Literatur- und Sprachwissenschaftler, der sich intensiv mit Rezeptionsgeschichte befasst. Er meinte damit den jedes Mal neu faszinierenden Moment, wenn auf der Bühne vor dem dunklen Zuschauerraum die Scheinwerfer eine neue Welt schaffen. Mit ihm denken etwa Hartwig Albiro und Angelika Diener im Publikum, aber auch Lysann Schläfke, die Schauspielerin, die – gleichsam wie Membrane – spürt, wenn die droben in denen drunten was bewegen. Gutes Theater wird auch in Zukunft überall stattfinden, auch auf der großen Bühne – auch wenn es im Augenblick keine wirklich großen deutschen Autoren gibt (Regisseur Alexander Flache) und viele Stücke nach der Uraufführung in der Versenkung verschwinden. An den großen „Alten“ von Euripides bis Goethe wird auch in Zukunft niemand vorbeikommen. (Aber auch nicht an der österreichischen Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, wenn die Aufführung so gut ist wie die vor ein paar Jahren hinter dem Vorhang auf der Bühne, wie ein Zuhörer sich noch immer begeistert zeigte).

Ob die Geschichten, die dann erzählt werden, und nach denen sich Publikum und Theatermacher sehnen (Friederike Spindler, Dramaturgin am Schauspiel, die diesen Abend eingeleitet und organisiert hatte) neu sein müssten, ob es dann eine Lampedusa-Story geben müsste, das sei dahin gestellt. Ohnehin ist gutes Theater immer nur, wenn menschliche Grunderfahrungen in einem neuen Plot zugespitzt werden. „Alles ist schon erzählt, aber alles kehrt in veränderter Umgebung anders wieder“, fasste Johannes Schulze zusammen. Der Vorsitzende des Theaterfördervereins hat auch die vierte der Montagsrunden moderiert.

Thematisch ja, findet auch Alexander Flache. Aber der Regisseur und die Dramaturgin Friederike Spindler waren sich einig, dass das Theater auch neue Formen, neue Sichtbarmachungen braucht – nicht mehr nur den „Guckkasten“, sondern etwa auch den mühsamen Erkenntnis verschaffenden Blick neuer Bühnen-Umstände, wie etwa den durchbrochenen Quader in Flaches Regie-Arbeit „Zerstörte Seele“, die zum selben Zeitpunkt im Ostflügel aufgeführt wurde. Der Zuschauer muss sich entscheiden, was er sehen will und kann. Das Publikum wird in kleineren Formen und an ungewöhnlicheren Spielstätten viel mehr gefordert werden – aber das direkte Erlebnis des Betroffenwerdens (oder auch nicht) wird er nur im Theater empfinden, nicht bei Kino- oder Fernsehübertragungen, selbst nicht, wenn Theater per App stattfinden sollte.

Keine Bange vor der Zukunft – aber interessante Herausforderungen sehen Theaterleute und Publikum voraus. „Wenn das Theater so gut bleibt in Qualität und Spielplan wie jetzt, dann sind wir alle gern dabei“, sagte eine Zuhörerin. Wenn’s so ist, gut so für Chemnitz und sein Theater.