Die Akademisten hatten sich ein Programm rausgesucht, das mit Schwierigkeiten gespickt war. Technisch, wie musikalisch. Und – mittlerweile kein Wunder mehr – nach einer Spielzeit Lehren und Lernen von und mit den Mentoren Schill, dem Bratscher Matthias Worm und dem Cellisten Thomas Bruder (klar, dass beide da waren und ihre Schützlinge kritisch beäugten und bewunderten) als Könner, die auf allen Podien und in allen Orchestergräben Furore machen werden.
Das hatte auch bei Raimund Kunze für rote Begeisterungs-Wangen gesorgt. Der Orchesterdirektor war ganz happy, als er den warmen, herzlichen Beifall des Publikums unterbrach, um den Akademisten und den Mentoren zu danken. Erst seit einem Jahr sei er hier – aber er erlebe hier eine ganz wunderbare Sache. Drei der Akademisten seien mit auf der Spanien-Tournee gewesen. Und perfekt.
Er dankte zuerst den Mentoren, dann aber auch den anderen selbstlosen Mitwirkenden: seinen Robert-Schumann-Profis Ovidiu Simbotin (Geige), Sebastian Mickelthwate (Bratsche) und dem unermüdlichen Jakub Tylman (Cello). Und – den Mitgliedern des Fördervereins, die die Akademisten finanzieren. Vor lauter Aufregung hatte er das am Mikrophon vergessen. Aber Minuten später per Mail korrigiert: „Sie sind genauso wichtig wie die Kräfte des Orchesters, die die Akademie unterstützen.“ Es sei ihm verziehen. Die Mitglieder des Fördervereins wissen, was sie an ihm, an der Robert-Schumann-Philharmonie und an den Akademisten haben, die sie finanzieren. Und sie wissen zu schätzen, dass die Akademistenkonzerte mittlerweile Highlights in der Reihe der Kirchenmusik in der Jakobi-Kirche sind.
Schill, nicht nur Geiger, sondern auch beflissener Moderator (nächstes Mal kriegt er das Mikrophon – Geige ist hörbarer als Sprache), hatte vom Weh gesprochen, „ein bisschen schmerzhaft ist es schon“ (seine wörtliche Untertreibung), wenn die Akademisten, die dem Orchester in dem einen Jahr so ans Herz gewachsen sind, nun hinausgingen in die weite Welt. Nicht sorgen, Meister Schill, die haben viel von Ihnen und Ihren Kollegen profitiert. Und sie werden Sie und Chemnitz nie vergessen…
Interessant, dass die Studenten das offenbar genauso empfanden. Es muss eine glückliche und gute Zeit in Chemnitz gewesen sein. Was sie als Programm ausgesucht hatten, war schon eine musikalische Herausforderung. War aber auch wie eine emotionale Erinnerung an eine wunderbare Zeit.
Überall schimmerte die Abschiedsträne, sentimentale Erinnerung, aber überall auch die Kraft, die in Chemnitz bei der Robert-Schumann-Philharmonie gewonnen worden war.
Der erste Satz aus Bruchs Oktett B-dur. Diese fast zu Tränen rührende Romantik, die von wüsten Läufen konterkariert wird. Der Mendelssohn. Ausgerechnet das 2. Streichquartett. Mit seinen ständigen Adagio-Lullern, die dann prestoaufweckten und wieder in Ruhe verglückten. Das ruhige Schostakowitsch-Präludium mit dem furios grandiosen Scherzo. Sentimentalität, Erinnerung, schöne, und Kraft, Herausforderung, ungewiss donnernde Zukunft. Zarte Melodien, orchestrale Rumser.
Und schwierig das Ganze. Wollen wir hier nicht vertiefen. Aber die Fuge im Mendelssohn-Adagio muss man erstmal so hinkriegen, dass keiner der vier Quartett-Individualisten seine Eigenheit aufgibt und trotzdem nicht heraussticht. Das Einfügen in Wuppdiwupp-Läufe, nacheinander eins. Ob Sechzehntel oder noch fingerverrückter. Tolles Programm. Tolle Ausführung. Mach das Adagio laaaaangsamer, dann wirkt das anschließende Vivace desto schnelllller – die Akademisten haben das drauf (1. Satz Mendelssohn). Sie haben was gelernt in Chemnitz…
Jetzt gehen sie (nach den Cabrio-Konzerten). Nur eine bleibt: die Bratscherin Maria Kaiser. Sie kam erst im Februar, weil ihre Vorgängerin vom Fleck weg in die Supertruppe des Gustav-Mahler-Jugend-Orchesters wegengagiert worden war, wie Raimund Kunze verriet. Wir freuen uns mit Maria Kaiser. Und wir freuen uns, dass Akademist sein bei der Robert-Schumann-Philharmonie viele Tore öffnet. Ein bisschen ölt der Förderverein diese Tore…