Der Alicante-Tag hatte alles, was man zum Glücklich sein auf Tournee braucht. In Murcia gestern hatte sich der Saal „gefühlt weit mehr als zur Hälfte gefüllt“ (SM, Sie kennen unseren schreibenden Bratscher schon). „Gute Akustik, gute Beleuchtung… Abends nach dem Konzert laden sommerliche laue Luft zu einem Eis ein…“ Oder zum Rioja, oder zur Cerveza. Alles gut. Noch besser: Am nächsten Tag (heute) ging es nicht so früh aus den Federn. Erstmals auf der Tournee ruhen die müden Häupter zweimal auf denselben Kissen. Alicante ist nur den Katzensprung von etwa 80 Kilometern entfernt.
Und dann hatte auch noch eine Kollegin runden Geburtstag. Sandra Zehme von den zweiten Geigen. Heute. Höfliche Mittel-Europäer feiern da rein. Und das taten sie… Und nicht nur das. Heute gab es eine „Welterstaufführung: Heute zur Anspielprobe gab es noch ein von Kollegin Dorothea Schüler komponiertes und von der 2.Geigen-Gruppe gespieltes Ständchen.“ Happy birthday, Sandra!
GMD Beermann, Hummeln im Hintern, war schon früh in Alicante. Er muss sich immer vorher alles genau ansehen. Und er hat einen Tick. Er fotografiert immer auch seine Garderobe von außen. Nicht der Reißer, die Bilder, wenn man nicht Beermann heißt. Ausnahme heute. Beermann im Zimmer von Zubin Mehta. Das wollen wir Ihnen doch nicht vorenthalten… Wer die Robert-Schumann-Philharmonie dirigieren darf, ist ein ganz besonderer Maestro!
Unsere Reporter-Crew (Philipp Löschau, Benjamin Fuhrmann) hat unmittelbar nach dem Konzert einen so euphorischen Bericht übermittelt, dass wir ihn einfach wortwörtlich hier übernehmen:
„Unsere Wünsche von heute Mittag haben sich erfüllt: der Saal ist nahezu ausverkauft! Es ist eine große Freude, in diesem wunderschönen Konzertsaal mit hervorragender Akustik zu musizieren!
Leider funktioniert die Akustik auch in umgekehrter Richtung außergewöhnlich gut. Es beginnt mit einer intensiven Bonbonpapier-Sinfonie, steigerte sich über tonartlich passende Handymelodien im langsamen Satz zu einem Dialog zwischen Bidinis Chopin-Zugabe und einem unaufhörlichen Piepsen, Klingeln und Läuten aus dem Publikum. Manch einer wäre frustriert gegangen, unser Solist nimmt’s gelassen und wird mit lautstarken Applaus belohnt.
In der zweiten Konzerthälfte herrscht glücklicherweise gespannte Stille im Saal. Aus unserer Sicht gelingt uns die beste Aufführung der Eroica, die leider auch die letzte der Tour ist.
Kuriosität nach dem Konzert: Übereifrige Mitarbeiter des Hauses sperren versehentlich Orchesterdirektor Kunze im abgedunkelten Foyer ein. Noch ist nicht bekannt wie er sich aus dieser misslichen Lage befreien konnte, das obligatorische Konzertresümee wird heute wohl etwas später erscheinen.
Pauker Jens Gagelmann beobachtet übrigens vor der Anspielprobe das Abschleppen zahlreicher PKW vom Zuschauerparkplatz. Lag die suboptimale Auslastung der letzten Konzerte möglicherweise an zugeparkten Stellplätzen vor den Konzertsälen? ;)
Glück im Unglück: am gestrigen Abend versuchte ein Fahrrad fahrender Dieb auf offener Straße Solo-Flötistin Gudrun Jahn während des Telefonierens das Handy zu entreißen. Geistesgegenwärtig krallt sie sich an ihr Smartphone, dabei geht dieses leider kaputt, aber sie schlägt den Räuber in die Flucht. Bemerkenswert gelassen kommentiert sie: ‚Zum Glück war es nicht die Flöte.‘“
So sind sie, unser Musiker von der Robert-Schumann-Philharmonie. Mutig, immer auf Draht, und bei allem Stress immer fröhlich. Feiert noch schön. Bis Úbeda. Da sehen wir uns wieder. Wenn’s am schönsten ist. Das kann noch in Úbeda sein…