Der Reihe nach: Für die letzte Spielzeit 2018 der Kultreihe im Kraftwerk Chemnitz war Beethovens Streichquartett op. 18,4 angekündigt. Zu Jakub Tylman, dem Solocellisten der Robert-Schumann-Philharmonie hatten sich Konzertmeister Hartmut Schill und Stimmführer Benjamin Fuhrmann gesellt, und als Bratscherin hatten die Philharmoniker Juliane Kunath eingeladen.
Beethoven hat als älterer Mann (ab op. 130) Streichquartette geschrieben, die fast Sinfonien sind. Fast wie Jugendstreiche muten dagegen die noch sehr Haydn-verwandten Quartette op. 18 an. Aber die müssen erstmal gespielt sein. Herrliche Musik, voller überraschender Wechsel zwischen massiven Akkorden und sentimental schönen Melodien. Die aus dem ersten Satz will gar nicht aus dem Ohr verschwinden.
Dieses Quartett hat es aber in sich. Vor allem für die erste Geige. Hartmut Schill, Reger-gequält im Sinfoniekonzert, hatte offenbar Freude daran, die „Leichtfüßigkeit“ Beethovens zu demonstrieren und nahm gleich den ersten Satz schnell, richtig schnell, obwohl Beethoven dem Allegro ein warnendes „ma non troppo“ beigegeben hatte. „Nicht zu sehr…“. Wie würde da erst das Prestissimo des letzten Satzes werden und das Prestississimo (das ist nicht von Beethoven, aber alle legen da nochmal zu) ganz am Schluss?
Die drei anderen machten begeistert mit – helle Freude bei ihnen und beim Publikum. Und Schills Finger wirbelten und wirbelten, ohne sich zu verhaspeln. Und doch war alles so leicht, so spielerisch…
Nicht angekündigt war Mozarts Quartett KV 575, das erste „preußische“, das nun gar nicht preußisch daherkam. Zehn Jahre vor Beethovens Werk entstanden, wirkt es trotzdem reifer, mit noch mehr musikalischen Einfällen gespickt als der Beethoven. Und das Cello darf hier mit der ersten Geige glänzen – Mozart wusste, dass Friedrich Wilhelm II. begeisterter Cello-Spieler war. Half ihm zwar nichts – die Hofintrigen in Berlin wollten dem österreichischen Meister keinen Erfolg gönnen. Aber dafür darf das Cello kräftig zulangen – und auch flott, wenn’s denn der Primarius so will. Klar, kein Problem für Jakub Tylman, der sowas lieber hat als den irrsinns-schweren Lutosławski, den er im früheren Sinfoniekonzert so bravourös hingefeuert hatte.
Aber wenn schon schnell, dann richtig, dachte er sich wohl. Und so kam das Publikum im fast vollbesetzten Kraftwerks-Saal in den Genuss einer Zugabe, die von den Vieren wunderbar musikantisch gezaubert wurde, die aber gleichzeitig wohl die schnellste Wiedergabe des vierten Beethoven-Satzes aller Zeiten war – zumindest In Chemnitz. Schill at his best.
Herrlicher Start in die neue Woche und die Vorweihnachtszeit. Tolle Spielzeit im Kraftwerk. Wir freuen uns schon auf die neue Ausgabe im neuen Jahr.