„…und bleiben Sie wach!“

„So etwas gab es noch nicht“, brachte der jetzige Schauspieldirektor Carsten Knödler es auf den Punkt, „wir sind dankbar und wissen es zu schätzen, dass 50 Jahre Schauspielkunst aus Karl-Marx-Stadt und Chemnitz hier zusammenkommen, um uns zu zeigen, dass sie wissen, dass Chemnitz nicht so ist, wie es in manchen Medien dargestellt wird.“

Dass sie alle gekommen sind oder mit einem Gruß per Video eingespielt wurden wie Bernhard Geffke, war das äußere Zeichen. Worauf es heutzutage ankommt, sagte Hasko Weber, der Intendant des Nationaltheaters Weimar, der gleich drei fröhliche Trommler von der Staatskapelle und den „Melker-Philosophen“ aus dem Harz mitgebracht, der sich so einige selbstgemolkene Gedanken zur Wende und der Zeit danach machte. „Wir sind damals für die Demokratie auf die Straße gegangen“, so Weber, „dass wir jetzt wieder dafür kämpfen müssen, macht mich sehr nachdenklich.“ Weber, im Oktober 1989 Mitverfasser der Signal nach außen sendenden Resolution, die Hartwig Albiro an jenem berühmten 7. Oktober verlesen hatte, weiter: „Dass wir und Sie uns heute hier treffen, ist gut. Aber wir dürfen nicht nur im Theater bleiben. Gehen Sie raus, machen Sie bei Diskussionen mit, treten Sie in eine Partei ein. Aber vor allem: Bleiben Sie wach…!“

Was sie dann machen wollten, war ihnen überlassen. Viel Brecht gab’s, wen wundert’s, aber auch einen Schmunzelkästner von Hotte Krause, das Hohe Lied Salomons (Jalda Rebling), Georg Kreisler (Geffke im Video), Peter Sodann erzählte von seiner Bibliothek und las vor, was er darin gefunden hat, Dietmar Huhn trug eigene Gedichte vor, Tilo Krügel las eindringlich, wie es sein Markenzeichen ist, aus Richters Roman 89/90, Enrico Lübbe hatte außer ihm seine anderen „Chemnitzer“ (Pempelforth, Baier, Buss) mitgebracht und noch ein paar mehr und zeigte den Ausschnitt aus einem aktuellen Stück, vier Chemnitzer Damen um die fast bassgewaltige Susanne Stein bewiesen, dass sie auch singen können, und am Schluss kam mit mehreren Stimmen der „große Diktator“ zu Wort – der von Charlie Chaplin, in jener bemerkenswerten Rede, die wir schon beim Regenkonzert, bei dem alle Standfestigkeit bewiesen hatten, während der Neunten so stimmig und als das rechte Wort zur rechten Zeit empfunden hatten.

„Gemeinsam stärker“ – draußen (auf dem Theaterplatz) und drinnen, im Schauspielhaus. Bemerkenswerte Veranstaltung, starkes Bekenntnis zu Chemnitz, das auch Glamour zeigen kann, wie die Gendertausch-Moderatoren des „Glamnitz-Duos“ Sonja (Dominik Puhl) und Horst (Seraina Leuenberger) herrlich persiflierten.