Von überall her waren sie gekommen. Autokennzeichen aus Potsdam, Dresden, Leipzig, Zwickau auf dem Parkplatz, aus MEK, ANA und STL sowieso. Und aus C. Viele sind mit der Straßenbahn gekommen, mit dem Fahrrad, gewandert. Muntere Gespräche mit den „Spielern“ vor dem Spiel und in der Pause. „Am liebsten würde ich Beermann und jeden einzelnen Musiker drücken für diesen wunderschönen Vormittag“, sagte eine Dame beim Rausgehen. Da hatte langer Applaus die Mittagessenzeit schon weit nach hinten geschoben…
Ein Phänomen: In der Oper beim Heimspiel waren viele Plätze leer. Zum Auswärtsspiel der Robert-Schumann-Philharmonie am Sonntagvormittag im Straßenbahndepot waren wir vor zwei Jahren alle Plätze gefüllt. Damals waren es die 5. und die 6. von Beethoven (gespielt in umgekehrter Reihenfolge), jetzt – zufällig – die 5. Und 6. von Schubert. Ob wir mit 5 oder 6 Toren gewinnen und wer sie schießt, egal. Hauptsächlich gewinnen.
Beermann, so gut drauf wie selten, aber immer öfter, hätte, wäre er Jogi, gesagt, „wir haben ein gesundes Selbstvertrauen“, und: „wir wissen, wie schwer die Aufgabe ist, die auf uns zukommt.“
In der Tat: Schubert ist nichts zum Wegputzen, auch der junge Schubert nicht, mit seinen letzten Sinfonien aus der U 22. Die 5. schrieb er mit 19, die 6. ein Jahr später. Die gemischte Philharmoniker-Mannschaft war sich dessen bewusst.
Sie spielte leichthändig (wunderbar, wie sie gleich vom Anstoß weg leicht kombinierten), hielten den Ball sicher im Spiel (wenn Schubert immer noch was einfällt – Kopfsätze -, um den Ball im Spiel und selbiges trotzdem spannend zu halten), wetzten kleine Scharten von Hörner-Fehlpässen aus. Und Neuer, sprich die neuen Wiener Pauken, hatten keine Arbeit. Konnte Schubert sich schenken. Er hat bei der 5. für die Instrumente komponiert, die dem Liebhaber-Orchester, das die Sinfonie aufführen sollte, zur Verfügung standen.
Pause. Alle zufrieden. Sekt statt Tee. Kann nichts mehr schief gehen. Alle sind locker. Zuschauer im Gespräch mit den Musikern. Beermann zwischen ihnen. Dittrich, der Generalintendant auch. Eh locker, weil er den Abi-Ball seines Sohnes zum Training benützt hat.
Zweite Halbzeit. Die Sechste. Jetzt wird Neuer gebraucht. Pauken-Libero. Jens Gagelmann hatte von den Wiener Pauken geschwärmt, diesen Akzent-Setzern. Immer genau, immer präzise, Rhythmus schaffend, Sicherheit verbreitend. Auch Beermann findet sie toll. Aber während Neuer (Ex-Trainer Argentiniens Menotti: „bester Torwart aller Zeiten“) mit Sicherheit bleibt, müssen die Pauken wieder weg. Sie sind nur geliehen. Es sei denn, Orchester und Förderverein finden Sponsoren…
Schuberts 6. – Mozart und Haydn, Vogts und Völler adieu. Neue Zeit: Rossini und Jogi. Immer wieder die Holzbläser setzen Akzente aus dem Mittefeld, die Außenverteidiger (die ersten und zweiten Violinen) laufen sich rechts und links die Puste raus, die Doppel-6 aus Celli und Kontrabässen mischt sicher mit…
Am Ende Jubel über Jubel. Gewonnen. Glückwunsch an Frank Beermann und sein Team, die Robert-Schumann-Philharmonie. Sie haben uns begeistert.
Weltweit, auch in Rio, werden die Schubert-Werke nach einem Verzeichnis gezählt, das von einem gewissen Herrn Deutsch stammt. Wenn das kein gutes Omen ist…