Es hat Spaß gemacht, vor allem den Kindern, was sich da auf der Bühne tat (Bühne und Kostüme: der Autor). Da wurde gezaubert und gezischt, gekasperlt und gekämpft, der Oberzwerg konnte fliegen, und die böse Schlange ringelte sich flüchtend in die Lüfte. Der Glassarg fehlte, aber das Zwergenhaus war desto kuscheliger mit sieben Bett(ch)en eingerichtet. Der riesige siebenköpfige Drache spie Rauch, der die Bühne vernebelte wie draußen der richtige den kalten Novemberabend. Aber drin war alles märchenhaft warm.
Die böse Stiefmutter ist nicht so grausam wie bei den Grimms. Sie will der schöneren Stieftochter nicht das Herz rausreißen lassen. Sie will nur, dass sich das Mädchen mit einem Blödmann von Prinzen (unmögliche Typen mit ebenso unmöglichen sprechenden Namen wie Graf Stürzdiehumpen oder Freiherr von Fettpfot) verheiratet (witzig die „sprechenden“ Kostüme), weil Blödheit hässlich macht. Klappt nicht. Also muss Schneewittchen sich den Verführungen der sieben (holterdiepolter aus Freiern verwandelten) Zwerge stellen, die lieb sind, aber alle eine todsündliche Macke haben wie Fresssucht oder Geiz, die auch Schneewittchen hässlich machten, würde sie drauf rein und mit den Zwergen ins Bettchen fallen.
Es kommt wie’s laut Märchenonkel Tilo Schiemenz kommen soll: Schneewittchen rettet die in den Drachen verwandelte geballte Zwergensünde, König Trottel geht wieder aufrecht, seit seine böse Frau das Zeitliche gesegnet oder verflucht hat, und Schneewittchen kriegt ihren Prinzen Siebenstern, der – das hätte noch gepasst – zwar kein Fußballstar ist, dafür die Erfüllung aller anderen Teenie-Träume.
Konsequent die Dramaturgie von Kathrin Brune, die ihre Geburtstagsfeier gern der Generalprobe geopfert hat. Tom Quaas (Regie) stelle ein munteres Bühnenvölkchen auf die Bühne, scheute keine Übertreibung, verzichtete auf kaum einen Gag (von den „oiden Rittersleut“ bis zur Torte im Gesicht und dem Männerballett der sieben Schneewittchen – darunter drei hosengerollte Damen), ließ die Bilder so schnell wechseln, dass jede Sekunde action regierte. Das Chemnitzer Ensemble (mitsamt zweier Schauspielstudenten) freute sich begeistert am nichtsnutzigen Spiel, sang – manchmal auch richtig – zu Klängen der Robert-Schumann-Philharmonie aus dem Rechner (Musik: Konrad Möhwald), verlor im Überschwang der Begeisterung schon mal ein Requisit oder den Text, ließ sich noch verblüffen, wenn die Kinder im Saal plötzlich mitspielten – macht alles nichts, das wird noch gesattelter. Die Chemnitzer (vor allem die Kinder) werden noch viel Freude an diesem Märchen haben.
Sie werden verliebt sein wie Jung und Alt am Premierenabend in die reizende Florence Matousek, dieses fröhliche Mädchen, das für Sekunden auch hochnäsige Megäre sein kann – wenn der letzte Trick der Stiefmutter mit dem Schlangengürtel und dem Kamm kurzfristig zu klappen scheint, ehe der Märchendeus ex machina die Welt wieder auf den „guten“ Kopf stellt. Sie werden mitleidig Susanne Stein bewundern, die die böse selbstbespiegelnde Schwiegermutter ist und auch (halbe/halbe – gut gemacht die Halbprofile) die noch bösere Hexe. Und sie werden Fabian Jung nachfiebern, der als Hans Narr für Schneewittchen so was ist wie Philipp Lahm für die deutsche Nationalmannschaft (die Fußball-Schneewittchen auch geliebt hätte) – immer da, überall im Kampf, dass die bösen Gegner nicht die Oberhand gewinnen…
Und wenn’s auch im Fußball die elektronische Tormessung noch nicht gibt: Schön, dass die Truppe um Tom Quaas auch mit elektronischem Equipment dafür sorgte, dass jeder Ton von der Bühne verständlich war, wie mitspielend laut sich auch Kinderbegeisterung im Saal äußerte…
Die nächsten Termine: Bis Weihnachten sind noch mehr als 30 Vorstellungen geplant. Die genauen Daten erfahren Sie hier.