Robin Hood trifft ins Schwarze

Die Schauspielerinnen und Schauspieler des Chemnitzer Theaters und das Leitungsteam tun auch alles dafür. Nichts war zu spüren von einer kräftezehrenden langen Saison. Da wird gekämpft und gejagt, geliebt und gezittert, durch den Wald gehetzt und auf Schlosszinnen balanciert. Da werden vor dem Vogelfreien vier weiße Tauben freigelassen, und auch ein Hund kommt auf die Bühne. Der Tonmeister macht einen Klassejob, jedes Wumm auf den Helmschädel klingt. Die Tricks funktionieren, die Pfeile „landen“ im richtigen Moment just genau, wo sie sollen.

Und alle haben sichtbar Spaß am Spiel. Sie wollen die Herzen der vielen kleinen Zuschauer gewinnen und freuen sich, wenn sie Chefs und Kollegen ein Schmunzeln entlocken. In der Tat: das Sommertheater ist nicht eine Pflichtübung, sondern ein weiterer Schritt des Theaters hinein in die Stadt. So gewinnt man neue und künftige Zuschauer für’s Haus! Sie meinen es ernst: Der Generalintendant saß unter den Zuschauern, der Schauspieldirektor, die Dramaturgin (die ihrem Kollegen die Daumen drückte, der auf der Bühne seinem Nebenjob als Schauspieler prächtig nachging), viele Schauspielerkollegen – darunter die beiden frisch gekürten Magistri artium Dominik Förtsch und  Christoph Radakovits, noch Studenten des Schauspielstudios, die ihre Examen in Graz vor wenigen Tagen glänzend bestanden haben (ihre Diplomarbeit stellen sie morgen, Montagabend im Schauspielhaus vor). Und der Leiter des Besucherservices verteilte selbst Programme und Sitzauflagen.

Zurecht dankt das Theater dem Verein Küchwaldbühne – die Fortschritte der nicht genug zu bewundernden Arbeit waren überall zu sehen – und dem  Sponsor Gunter Hüttner, den dessen Sohn und Mitgeschäftsführer zusammen mit seiner frisch angetrauten Frau am Samstag vertrat.

Mit Robin Hood haben die Verantwortlichen nun aber auch ein Stück ausgewählt, das wunderbar in den Küchwald passt. Die Textfassung von John von Düffel ist dazu nicht kindisch platt: sie hat dramatische Ecken und Kanten – macht Robin Hood nicht nur zum strahlenden Helden, sondern lässt ihn auch an seiner Aufgabe zweifeln, bringt Eifersucht und Liebe ins Spiel, und reitet sogar Attacken gegen den Sheriff Finanzamt, gegen den noch kein Robin Hood aufgestanden ist…

Herrlich, wie es überall menschelt, großartig die Zeichnung der Typen auf der Bühne. Grégoire Gros (Robin Hood), der mutig aufrechte Kämpfer für das Recht und die Armen, und Mitch, sein quirlig schlotternder Begleiter mit Angst in der Hose (Michel Diercks), die beiden Frauen, die mit unterschiedlichen (nicht nur Frauen-)Waffen um Robin Hood kämpfen (Lysann Schläfke als Little John und Maria Schubert als Prinzessin Marian). Wunderbar, wie Bruder Tuck und die Gouvernante ausstaffiert waren (Bühne und Kostüme: Fabian Gold) – und wie Christian Ruth und Magda Decker mit ihren „Zusatzkilos“ fertig wurden. Köstlich die beiden Large’s Stefan Migge und René Schmidt mit fast asterixscher Comic, Andreas Manz-Kozár und Marko Bullack – wir wollen keinen dieser tollen Typen vergessen, auch nicht die Statisten und vor allem nicht Patricia Windhab, die balladesk bänkelsängerhaft durch die Geschichte zupfte und sang.

Stefan Wolfram (Regie) nutzt Bühne und Umwald perfekt, Robert Scholl hat eine be-stechend hauende Kampfchoreografie entworfen, Steffan Claußner wieder mal für Musik gesorgt, die sparsam aber gezielt Atmosphäre schafft – alles in allem Sommertheater, wie es Jung und Alt mögen. Viiiel Beifall. Und hinterher höchst interessierte Steppkes vor der Zielscheibe – die fachsimpelten, wie die das wohl mit den Pfeilen gemacht haben, die Theaterleute…

Der Regen war längst vergessen. Die Sonne schien. Schöner Auftakt in den Samstagabend – und in eine Sommertheaterserie, die vielen Chemnitzern in den nächsten Wochen Freude machen wird. Wenn’s dann beim Catering noch ein bisschen flotter geht, ist alles rund.