Robert-Schumann-Philharmonie: Neue Kostbarkeit für den CD-Player

Fast jeder kennt ein Werk von Reznicek, wenn auch kaum jemand weiß, von wem es ist. Das ZDF nutzte einen Teil früher als Titelmelodie für „Erkennen Sie die Melodie“, in vielen Wunschsendungen ist es ein beliebter Aufwecker zwischen eher chilligen Sonntagmorgen-Melodien. Die Rede ist von der Ouvertüre zu Rezniceks Oper „Donna Diana“. Bei weitem sein bekanntestes Werk. Hinter diesem Ouvertüren-Komponisten steckt mehr, vermutete Beermann. Und siehe da: wieder mal Recht gehabt. Er überzeugte die Macher vom Label cpo.

Die wagten sich nur langsam an den bisher ziemlich Unbekannten. Aber offenbar mit einigem Erfolg. Vor zehn Jahren sind die 2. (die „Ironische“) und 5. Sinfonie (die „Tanzsinfonie“) mit dem Berner Sinfonieorchester unter Beermanns Leitung veröffentlicht worden, zwei Jahre später die 1., die „Tragische“ mit dem Brandenburgischen Sinfonieorchester, das ebenfalls Beermanns dirigierte.

Vier Jahre dauerte es, bis cpo auch die 3. Und 4. Sinfonie einspielen ließ, und nochmal vier Jahre, bis die Aufnahme auf den Markt kam. Jetzt eben, vor ein paar Tagen.

Erstaunlich, dass es so lange gedauert hat, den Zyklus der fünf Sinfonien Rezniceks unter Beermann abzuschließen. Besser spät als nie! Die beiden Sinfonien auf der neuen CD sind sogar so etwas wie die Krönung des Zyklus, auf jeden Fall eine kleine Kostbarkeit für die CD-Sammlung. Die dritte (30 Minuten) kommt “im alten Stil“ daher – ein erstaunlich interessant zusammengefügtes Klanggebilde, eklektisch, klassizistisch , ein bisschen Eindruck aufgenommen von den zu Rezniceks Zeiten prominenten „tonalen“ Komponisten, aber auch Schubert und Schumann klangen in des Komponisten Ohr nach. Spielerisch, und doch interessant, immer wieder Neues – absolut kein musikalisches Bla-Bla, keine obsolete Nachahmung der „Alten“.

Vielleicht kam die Veröffentlichung jetzt deswegen, weil gerade so viel vom 1. Weltkrieg die Rede ist. Wenn die Sinfonie auch nicht im Anfang, sondern in den letzten Kriegsmonaten geschrieben ist. Vom Krieg ist nichts zu spüren. Schon gar nicht im zweiten Satz, einem wunderbar melodiösen, bisweilen fast kammermusikalischen Teil. Da zeigen auch die Solisten der Robert-Schumann-Philharmonie ihr Können, Geige, Oboe, Flöte, Klarinette…

Ganz anders und doch verwandt der zweite Satz der vierten Sinfonie (40 Minuten) , der „Trauermarsch auf den Tod eines Komödianten“, tänzerische-leicht tapsende Clownerie bis hin zur großen Träne im Knopfloch. Ernster die ganze moll-Sinfonie, erabeiteter, verwirrendere Strukturen, ungewohntere Übergänge der Tonarten, des Tempos und der Dynamik. Und wiederum die schönen solistischen Einlagen…

Die Robert-Schumann-Philharmonie zeigt wieder mal, dass sie nicht nur ein Spitzen-Orchester im Graben ist, sondern auch auf dem Konzert-Podium die Literatur der letzten 150 Jahre beherrscht, die hier anklingt, von dem ß-Strauß bis zum –ss-Namensvetter  Richard, von Mahler bis Wagner.

Klanglich kommt die CD teilweise bestechend aus den Boxen. Schade, dass das (direkt neben der Oper gelegene) Forum in Chemnitz, wo die Aufnahme im September 2010 entstand, nicht mehr zur Verfügung steht… Da klingt nichts trocken, im Gegenteil, sogar die Pizzikati (2. Satz, 3. Sinfonie) klingen wunderbar nach. Die Lukaskirche in Dresden, wo die meisten anderen Aufnahmen der Philharmonie entstehen, vermissen wir keine Sekunde.

Warum, zum Teufel, fragt man sich da, kann das Forum nicht öfter von der Philharmonie genutzt werden? Wenn man nur an die beengte (räumlich wie klanglich) Situation im Probenraum denkt…

Die CD ist beim Label cpo jetzt erschienen. Bis zum 15. August kostet sie 14.99 Euro, danach 17,99 Euro.

In der CD-Beilage wird auch angekündigt, dass die in Chemnitz „mit vielem Erfolg und Lärm auf die Bühne gebrachte … köstliche Operette Benzin“ von Reznicek „demnächst … ihren Platz im cpo-Katalog finden“ wird. Wir freuen uns drauf.

Das schreibt klassik.com. Hohes Lob für die Bläser, (unberechtigte) Kritik an den Geigen.