Es war ein fröhliches, frühlingshaftes Konzertfrühstück, zu dem die Musiker der Robert-Schumann-Philharmonie am Sonntag ins Opernhaus eingeladen hatten. Auch, um mit selbst gebackenem Kuchen zu beweisen, dass sie nicht nur mit Tönen, sondern auch mit Teig umgehen und nicht nur im Konzert, sondern auch in der Küche ihren Mann oder ihre Frau stehen können. Aber wie immer beim Konzertfrühstück ging es hauptsächlich darum, was die Philharmonie in nächster Zeit und in der nächsten Spielzeit vorhat. Das Foyer in der Oper war gut besetzt, viele Mitglieder des Fördervereins waren dabei.
Fast rührend, wie Beermann „sein“ die vielen Worte mit Tönen umrahmendes Philharmoniker-Quartett (Katarzyna Radomska, Benjamin Fuhrmann, Geigen, Ulla Walenta, Bratsche, Thomas Bruder, Cello) da behielt, um unprogrammgemäß den Zuhörern noch einmal mit ehrlichem Lob aus Chef-Mund klar zu machen, wie gut sie gespielt hätten, wie stolz er auf sie sei, und wie sehr die Chemnitzer auf die Klasse-Musiker der Philharmonie überhaupt stolz sein könnten. Beermann hatte Recht. Das 4. Streichquartett aus op. 18 klingt so c-mollig einfach. Und hat doch so kleine wunderbare rhythmische Verschiebungen, Echo-Stellen, und auch Läufe, die (4. Satz) – ganz in der Tradition von Papa Haydn – Violinkonzert würdig sind. Soviel Präzision, Übereinstimmung und gelenkige Finger am frühen Morgen! Hut ab!
„Thomas Bruder? Und Hartmut Schill spielen in Ihrem Orchester? – dann muss das klasse sein“, setzte Beermann noch eine Anekdote drauf. Erst vor ein paar Tagen hatte er dieses Lob für die Robert-Schumann-Philharmonie abgeholt. In Bilbao. Wo er dirigiert hatte. Und einen Konzertmeister am ersten Pult hatte, der eigentlich aus Stuttgart stammt. Und die beiden Chemnitzer Kollegen aus Bayreuth bestens kennt…
Perle an Perle an diesem Morgen. Bilbao – Bayreuth – Wagner – Wagner-Tage in Chemnitz Ende Mai, Anfang Juni. Und dabei auch der von Kritik wie Publikum hochgelobte Meyerbeer (Vasco de Gama), den Wagner nicht mochte. Weil Meyerbeer Jude war. Der deswegen in Vergessenheit geraten war, ehe Chemnitz ihn jetzt wieder auf die Pulte legte. Genau wie – „darf ich Sie aus Ihren Gedankenflügen mal wieder zurückholen?“ (Carla Neppl, als Beermann plötzlich nachdenklich schwieg) – Alexander Zemlinsky, der in Chemnitz noch überhaupt nie gespielt wurde – bis Mittwoch und Donnerstag im Sinfoniekonzert (Lyrische Sinfonie). Erst von den Nazis als „entartet“ gebrandmarkt – und nach dem Krieg wollten die Leute lieber was aktuell Modernes hören (Carla Neppl).
Aktuell und modern nicht gerade (eher wie „später Puccini“ – Beermann), aber auch vergessen war das schon 1946 komponierte Requiem des großen Dirigenten und Komponisten Bruno Maderna. Die Wiederentdeckung müssen die Chemnitzer ausnahmsweise neidlos dem Teatro La Fenice in Venedig zugestehen: Aber die deutsche Erstaufführung haben sie sich gesichert – für das erste Sinfoniekonzert in der Spielzeit 2013/14. 3 Klaviere sind gefordert – und eine schwierige Chorpartie, die der MDR-Chor übernehmen wird. Draußen in Musik-Deutschland fiebert man der Aufführung schon entgegen. Deutschlandradio Kultur wird nicht umsonst wieder übertragen.
Die Chemnitzer können in der neuen Spielzeit einem anderen Großprojekt entgegenfiebern: Nach dem grandiosen Beethoven an verschiedenen Spielstätten in der Stadt im vergangenen Jahr folgt 2014 nicht nur die Große (C-dur-Sinfonie), sondern reichlich Schubert, zwar mit der Unvollendeten, aber ein bisschen unvollendet, weil man den ganzen Schubert nicht in einem Sommer spielen kann. Immerhin kommen alle Sinfonien, dazwischen Kammermusik (Streichquartette, das Streichquintett, die Klaviertrios und – natürlich – das Forellenquintett). Dazu eine Schubertiade in der Villa Esche, u.a. mit Schubert-Liedern.
Lieder – das nächste Perlenglied: leise schwebt das „Lied“ mit zum Teil geerdet lauter Musik über der nächsten Spielzeit. Die Brentano-Lieder von Richard Strauss und Mahlers Lied von der Erde stehen im Programm, die Mörike-Lieder in der Vertonung von Hugo Wolf in einem ganz besonderen Projekt: Sie erklingen zu einem gleichzeitig auf Großleinwand gezeigten Film – eine tolle Idee von Dietrich Henschel, der im Film spielt und dazu vorher noch in Rotterdam und Düsseldorf singt. Und dann kommt diese dreidimensionale Produktion schon gleich nach Chemnitz.
Alles nur was für Erwachsene? O nein, ganz viele Kinderprojekte, darunter Andreas Winklers Projekt „Neue Kindersinfonie“ an diesem 1. Mai. Und: das Atmen nicht vergessen. Vom Lied, vom Singen kommt Musik her, noch eine Stufe früher: vom Atmen. Das erfahrbar machen, Kindern zu zeigen, wie auch Orchester atmen, und Publikum und Orchester gemeinsam „atmen“, „wenn die Chemie stimmt“ – schönes Vorhaben im Rahmen des Schubert-Projekts. Und, wie gesagt, keine Frage. Beermann weiß, wie er sein Publikum – ob jung oder alt – zum „Atmen“ bringt.
(Auch wenn es dann nur noch am Rande mitkriegt, dass wir einen neuen ersten Kapellmeister haben – dessen Namen noch nicht verraten wird, weil der Vertrag noch nicht ganz unter Dach und Fach ist, und dass im Herbst – viel ersehnt – das Musical „Aida“ wieder kommt…)
Bitte vormerken: 28. April, 10.30 Uhr, Opernhaus, Rangfoyer: Matinee mit den Akademisten der Robert-Schumann-Philharmonie