Musikalische Schubert-Flöckchen für die Schneekönigin aus dem Erzgebirge

Punkt 11.30 Uhr wird’s ernst. Präzision ist A und O beim Ballett. Sabrina Sadowska (tanzte selbst 12 Jahre aktiv) und Reiner Feistel (sogar 20 Jahre) plaudern locker, um das Publikum warm zu machen, ehe Dramaturg Jón Philipp von Linden – fleißig, fleißig: hatte gleich zwei Matineen am Wochenende zu bewältigen – in die Hintergründe einführt, um die Erwartung zu steigern (wer weiß, sieht mehr).

Andersens Kunstmärchen (1844, mitten im Biedermeier entstanden) über tiefe Freundschaft, große Verwirrungen und eine abenteuerliche Reise hatte Jewgeni Schwarz 1966 für einen berührenden Film „umgestrickt“. Auf dieser Bearbeitung basiert Feistels Choreografie für die Chemnitzer Aufführung.

Aber Feistel begnügt sich nicht damit, dass aus der Schneeflocke eine richtige Schneekönigin wird, die in einem richtigen Schloss wohnt. Geht nicht im Weihnachtsland. Und so erwacht das Dorf in der ersten Szene mitten im Erzgebirge – „es ist Sonntag, die Menschen erwachen gerade, es ist kuschelig schön, sie fühlen sich wohl“ (Feistel; Märchen halt. Davon konnten im 19. Jahrhundert die Menschen nur träumen…).


Die Ballettmatineen leben natürlich vom Tanz und nicht vom Erzählen. Und so flogen die Flöckchen der ersten Szene über die Bühnen-Winterlandschaft, zuerst die Profis, dann auch die Jüngsten aus der Kinderballettschule, die zum ersten Mal in einem großen Ballett mittanzen dürfen. Süß aussehen genügt nicht, Omas Liebling sein, auch nicht. Früh übt sich…

Wo sie hinwollen, sind Tarah Malaika Pfeiffer und Florian Seipelt schon (Tanz der Nachbarskinder aus der 2. Szene), genauso wie Valerija Frank (erster Solo-Auftritt der Schneekönigin).

Noch kam während der Probe die Musik vom Band. Wenn’s ernst wird, kriegt die Schneekönigin ihren samtenen Flöckchen-Glasklang: Dann sitzt dafür Harfenistin Helke Scheibe auf der Bühne, während unten im Graben Tom Bitterlich die Robert-Schumann-Philharmonie dirigiert. Die Musiker freuen sich nach der großartigen Schubertwoche im Sommer auf die Wiederbegegnung mit dem Wiener Komponisten. Mehr als zwei Drittel der Bühnenmusik wurden bei Schubert „geborgt“.

Traumhafte Musik zu traumhaftem Ambiente (Bühne und Kostüme – jeder Tänzer hat fünf verschiedene, fantasiereiche-: Stefan Wiel). Zu Recht dankte Sabrina Sadowska dafür dem Theaterförderverein, der das ermöglicht hat.

Sie würde am liebsten selbst gern mittanzen, bekannte die Betriebsdirektorin. Auch in die (von Ballettmädchen ungeliebten) Rolle der Großmutter? Eher wohl nicht. Und so schlüpft denn auch André Luiz Costa in diese Rolle hinein –  kennen wir, dass Männer alte und böse Frauen spielen müssen, Mutze war ein Leben lang Hexe in „Hänsel und Gretel“. Costa macht seine Sache richtig gut, wie die letzte Szene „Kay ist weg“ mit Tarah Malaika Pfeiffer rührend bewies.

Auch an einem warmen Samstagmittag in einem Goldherbst – die „Schlittenfahrt“ (Ensemble und Kinder Ballettschule) macht so richtig Lust auf märchenhafte Stunden kurz vor der draußen so hektischen Adventszeit…

(Quelle und Fotos. Steffi Schmidtke)