Nach der Premiere in Dresden schrieb Michael Stallknecht in der Süddeutschen Zeitung vom 5. März:
„Vorweg: Die Neuinszenierung von Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“ in der Dresdner Semperoper ist kein alle Wünsche erfüllender Opernabend. Denn es wird, wie immer es dazu gekommen sein mag, geradezu verblüffend schlecht gesungen. Der Tenor Thiago Arancam in der Rolle des Des Grieux wurde in der Premiere markerschütternd niedergebuht. Die Sopranistin Norma Fantini bewältigt die anspruchsvolle Partie der Manon technisch unantastbar und mit beeindruckenden Reserven, aber ihr fehlen sämtliche Farben für deren zerrissenen Charakter. Und Christoph Pohl als Lescaut beschränkt sich auf kernige Virilität…“
Keinen Deut besser kommt die Dresdner Premiere bei Joachim Lange in der „Wiener Zeitung“ vom selben Tag weg: „In dem turbulenten Gewusel werden die Operngesten, die der hinzugefügte Puccini hier seinen Figuren verordnet, und das vorgeführte Verfertigen der großen Leidenschaft immer mehr zur Parodie, was eine Distanz schafft, bei der das Mitfühlen mit dem Schicksal der Figuren völlig auf der Strecke bleibt.Besonders bei Thiago Arancams Des Grieux nervt die ausgestellte Operngeste mit der rechten Hand schnell. In seiner Überforderung (die sich in einem Buhsturm entlud) kann er einem fast schon leidtun. Aber von einer nachvollziehbaren Leidenschaft stellt sich nichts ein. Denn auch Norma Fantini vermag sich, weder stimmlich noch darstellerisch, aus dem Korsett ihrer vorgeführten affektierten, reifen Diva zu befreien. Eine derartige Besetzung ist für ein Haus wie Dresden und eine so wichtige Premiere schon bedenklich.“
Was las man dagegen beim Erscheinen der Chemnitzer Aufführung auf DVD? Peter Bilsing schwärmte damals im „Online Musik Magazin“ unter der Überschrift „Besser und ergreifender geht es nicht – Puccini-Maßstab anno 2008/Manon Lescaut mit Astrid Weber – Chemnitzer Oper 2007″: „Diese DVD ist für mich die Aufnahme des Jahres; vielleicht des Jahrzehnts. In Zeiten, wo Puccini-Stimmen scheinbar rar werden, oder gestümpert wird bis zum geht nicht mehr freut sich das Puccini-Herz und das entsprechend geschulte Ohr einzig noch auf die Konserve. Das ist Blutauffrischung und Lebensrettung zugleich, wenn man mal wieder deprimiert aus dem Theater nach Hause kommt. Da kam die Arthaus-DVD mit einer neuen 2007er Manon-Lescaut-Produktion aus Chemnitz gerade recht. Man kann ja nicht immer wieder die „Jahrhundertaufnahme“ mit Serafin/Callas/DiStefano hören, wo ja zum Top-Erlebnis leider noch das Bild fehlt. Nach zwei Stunden herzergreifendem Puccini habe ich meine Präferenzen neu geordnet. Ganz oben liegt jetzt eine DVD. Donnerwetter, was für eine Aufnahme! Ergreifend und nachgerade gesundheitsgefährdend. Zum Weinen schön!
Tadelloser 5-Kanal-DTS-Ton, wunderbare ruhige Bildregie (Patrick Buttmann), brillante Schärfe auch ohne Full-HD, ein Orchester mit herzzerreißendem Rubato und Sänger auf dem Sprung in die Oberklasse des assoluta-Gesangs. Das gilt für Zurab Zurabishvili männlicherseits ebenso, wie für die grandiose Astrid Weber. Beide sehe ich in den nächsten Jahren auf dem Zenit des Operngesangs. Glücklich jenes Chemnitzer Opernhaus, welche dieses Dreamteam über Jahre genießen durfte. Ab an die SCALA oder die MET wird es in Zukunft lauten. Für Wien sind sie schon fast zu gut!“
Wer sagt’s denn… Ob die Leipziger KPMG-Diagnostiker , als sie Maß genommen haben, vielleicht den falschen Maßstab angelegt haben?