Fremdgänger

Volker Braun hat mit seiner Oboe in der Robert-Schumann-Philharmonie die ganzen Barock-, Klassik- und Moderne-Jahrhunderte gespielt – seriös, fremdbestimmt vom Komponisten (und vom Dirigenten) und notengetreu. Dafür kennen und schätzen wir ihn. Seine (und unsere) Liebe (für ihn) aber gehört dem Jazz: der freien, ungezwungenen Improvisation. Die Oboe blieb dabei zuhause. Braun erwies sich als exzellenter, einfallsreicher Pianist und als Melodica-Jazzer. Bisweilen begleitete er sich gar selbst. Und da sage einer, Melodica sei nur was für Vorschulkinder. Wie Braun mit seinem Mundwerk nicht nur Töne produziert, sondern auch groovendes Brummen, als sänge da Louis Armstrong in seinen besten Zeiten, das lässt verstehen, warum er ab und an das lockere Melodica-Mundstück dem dünnwandigen Blatt der Oboe vorzieht.

Volker Braun ist nicht nur ein exzellenter Solist, er improvisiert und komponiert vom Feinsten (Citykicks, oder Looking back on, das er für seine Frau geschrieben hat). Herzlich harmonisch Zusammenklang und Impro-Wettstreit mit den Kollegen – das Lächeln über gelungene Ideen verschwand nie aus den Gesichtern – allenfalls ein bisschen, wenn Andreas Braun sich zupfend als Hasardeur in wilde Bass-Kapriolen hineinzauberte. Oder wenn Frank Lange zeigte, was man alles aus den paar Trommeln und Becken herausholen kann, an Klang und Rhythmus.

Sie improvisierten über Melodien, die jeder kennt, aus „Casablanca“, aus „My fair Lady“, Braun ließ durch wupp-überraschende Pausen und Päuschen die Spannung nie abreißen, sie waren Bach sehr nahe, dem Großen, und sie machten sich uns einen Riesenspaß als sie noch weiter hinaufstrebten – zu den Saints (go marching in).

Perfekter Abend, der nicht nur Hausherrin Ute Kiehn-Dziuballa so begeisterte, dass sie sogar die Geschenk-Schokolade vergaß, sondern auch die Seele der Kultreihe Jakub Tylman, der mit Kind gekommen und ebenso begeisterter Hörer war wie Jazz-Club-Präsident Harald Krause, der sich diese Jazz-Kabinettsstückchen nicht entgehen lassen wollte.

Nächste Spielzeit am 9. April, wieder am eingeübten Montag. Wird bestimmt wieder überraschend…