Fünf Gründe, warum wir glauben, dass „Funny girl“ auch in Chemnitz ein Erfolg werden wird:
1. Die Musik
Jules Styne, der auch für Frank Sinatra geschrieben hat, weiß, wie man dem Affen Zucker gibt. Barbra Streisand, die die verrückte drollige Göre im Film spielte (1968), wurde mit dem (schönsten) Song des Musicals „People“ weltberühmt. Styne greift auf, was zur Spielzeit, vor fast hundert Jahren, musikalisch en vogue war, und was heute noch alle Ü-30er nicht ruhig sitzen lässt: vom Blues bis zum Dixie, vom Klatschmarsch (zögerliches Mitklatschen auch beim Premierenpublikum in Chemnitz) bis zum Foxtrott. „Harry Fox & the Zigfeld Follies“ machten den wohl nach dem Schauspieler Harry Fox benannten Tanz bekannt. Und die Zigfeld Follies, die es wirklich gab, machten die East-End-Göre Fanny auch im Musical zum bewunderten Star. Clever, was Styne und Isobel Lennart (Libretto) da zusammengemixt haben. Stoff, aus dem Broadway-Erfolge blubbern wie die Perlen im Schampus. (Gekonnt, wie Regisseur Stefan Huber mit Bier die Eastsider’schen Poker-Damen von den Champagner nippenden Long-Islandern scheidet…).
2. Die Musikmacher
Tom Bitterlich, sonst Repetitor, war am Pult wieder mal ganz groß. Er ließ den Musikern der Robert-Schumann-Philharmonie die Zügel locker, wenn Groove und Drive passten, nahm sie eng ran, wenn auf der Bühne Herzschmerzendes („Nick Arnstein, ich seh ihn nie wieder…“) gehaucht und nicht übergeboxt werden sollte. Die Boxen… „Ein Musical muss laut sein“, sagte in der Pause einer draußen auf dem – trotz Museumsnacht gewohnt – theaterplatzstillen Balkon. Die Tontechniker gaben ihr Bestes, und die Sänger liebten ihre Mikros. Kein Problem, über die Bläser, Drummer & Co. hinwegzusingen. Die ohrwurmige Musik verlangt den Musikern aber einiges ab. Allein der Schlagzeuger musste neben gleich drei Klangplatteninstrumenten auch noch die Pauke hauen. Und im richtigen Taktteil zwei Klimpertöne abzulassen, verlangt auch Gespür…
3. Der Plot
Die Geschichte sei der Wirklichkeit nachempfunden, hießt es. Mag sein oder nicht. Könnte auch ein Märchen oder eine Soap sein. Junges Gör arbeitet sich selbstbewusst zum Star hoch und verliert darob ihren Liebsten. Weil – ja, damals durfte Frau noch nicht stärker sein als der Mann. Das ist in Hausmännerzeiten genauso von gestern wie Revuen mit Holzgewehren angesichts von Tageschauen aus der Ukraine. „Funny girl“ ist ein bisschen „funny world“, Sehnsucht nach Schönheit, Glamour und Friede, Freude Eierkuchen. Hat jeder in sich. Auch wenn er/sie es nicht zugeben.
4. Die Protagonisten
Frederike Haas spielte in der Premiere die Fanny. (Sie alterniert mit Katherine Mehrling). Sollen wir besser sagen: Sie ist Fanny? So oft gespielt (in Nürnberg) und gesungen, die gesprochenen Texte total drauf, jede Bewegung sitzt, welche von den 20 verschiedenen Klamotten sie gerade anhat, welches Starstadium sie gerade durchläuft. Matthias Otte, ihr Nick, darf diesmal nicht so viel singen (was er, wie wir wissen, prächtig kann). Er spielt den Loser, dem die Frauenherzen zufliegen, nicht nur Fannys. Eddy Ryan ist die Paraderolle für Marc Seitz. Eine Hand wäscht die andere – er wächst und wird „typischer“ mit seinem Star, dem er nächtens die ersten Schritte beigebracht hat, die nicht von A nach B führen. Herrlich Gabriele Ramm als ondulierte Rose Brice, die Mutter, die immer die Welt durchschaut, aber nicht den Mut ihrer kleinen, großen Fanny hat. Und natürlich Matthias Winter. Ihm nimmt man den in seinen Star verliebten Ziegfeld (im Musical schreibt er sich mit „e“) jederzeit ab. Die vielen anderen – oft schon in Dortmund und/oder Nürnberg dabei gewesen, wissen, wo’s langgeht. Eine sei hervorgehoben: die gute Monika Straube, unverwechselbar, in ihren verschiedenen Rollen.
5. Das Regieteam
Alles stimmt, jede Bewegung sitzt. Regisseur Stefan Huber weiß, wie Musical geht. Er macht alles – der Geschichte entsprechend – so herrlich altmodisch. Die so einfache wie perfekte Bühne (Harald B. Thor) lässt schnelle, sofort nachvollziehbare Handlungsorte voller Stimmung entstehen (Kompliment an die unablässig tätigen Statisten-Bühnenarbeiter). Fantasievolle Kostüme (Susanne Hubrich), oft nur kennzeichnend für Minuten getragen, enttäuschen Broadway-Erwartungen nicht. Und die unauffällige und dadurch besonders gelungene Choreografie (Danny Costello) vermittelt dem Auge des Zuschauers jeden Moment neue Eindrücke. Keine Sekunde Langeweile. Die kleinste Kleinigkeit ist überlegt. Wenn Fanny sinnierend vor dem Garderobenspiegel den Ring abstreift, weiß jeder, was die Stunde geschlagen hat. Für sie. Und den armen Nick…
„Funny girl“ wird auch in Chemnitz laufen wie geschmiert. Glauben wir. Zwei Gründe gibt’s noch, die mit dem Stück nichts zu tun haben, aber ein gutes Zeichen sind:
7. Noch eine Premiere
Punkt 20:49 Uhr, kurz nach der Pause, wurde Generalintendant Christoph Dittrich noch einmal Onkel. Seine Frau und er freuten sich riesig über den eben in Dresden geborenen Oskar Paul, der per (nach der Premiere entdeckten und ersehnten) SMS vermeldet worden war. Glückwunsch an die Intendanten-Onkel-und-Tanten-Familie, die Schwägerin und den Bruder und den kleinen neuen Erdenbürger, der vielleicht auch mal ein Star wird. Was für ein Start in die Premierenfeier…
8. Und noch eine…
Wunderbare Bilder in Super-HD-Qualität von anderen Chemnitzer Theater-Aufführungen – neee, nix mehr flimmerten – strahlten haarscharf und glasklar erstmals von vier neuen Flachbild-Monitoren im Opernhaus (einer kommt noch ins Schauspielhaus). Freude und Staunen beim Publikum. Und beim Theaterförderverein, der dank einer großzügigen Spende der Bauunternehmung Gunter Hüttner diese Superwerbe-Blickfänge ermöglichen konnte. Große Freude auch bei Gundi Hüttner, als sie davon erfuhr. Sonst ist das Paar immer bei Premieren. Diesmal nicht. Aus gutem Grund. Gundi Hüttner feierte einen runden Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch und Dankeschön!
Die nächsten Termine Schlag auf Schlag: 7., 10., 11. und 16. Mai
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