“Der große Hanussen” – überzeugend und aktuell

Es ist eine bedrückende Grundstimmung, die einen überkommt, wenn man nach der Vorstellung von „Der große Hanussen“ den Theatersaal im Spinnbau in Chemnitz wieder verlässt. Obwohl im Jahr 1933 spielend, hat das Stück Aktualitätsbezüge, die – wenn man sich darauf einlässt und genau dafür ist Theater ja da – in der Lage sind, reflektierend das Heute und Jetzt abzuklopfen nach möglichen Parallelen oder nach Stimmungen, die zu Parallelen werden könnten.

Der jüdische Hellseher und Varietékünstler Jan Erik Hanussen, bravourös gespielt von Christian Schmidt, ist überzeugt von seiner Unfehlbarkeit: nicht umsonst hat er sich mit den Nazis arrangiert … Doch in einem System, das tatsächlich keine Freunde kennt, das menschenverachtend alldem gegenübersteht, was ihm hinderlich werden könnte, wird ihm am Ende auch die vermeintliche Freundschaft zu den Nazigrößen, die er fälschlicherweise für das Unterpfand seines Glückes hielt, nicht nützen. Themen wie vermeintliche Nähe zur Macht, Gleichschaltung der Medien und daraus resultierender Verlust öffentlicher Kontrollfunktionen, Korrumpierbarkeit und abgrundtiefer Hass gegen Auszugrenzende sind hier in einem Stück verortet, das man jeder Abiturklasse (aber auch allen anderen) nur zum Besuch empfehlen kann.

Das Stück hat Stefan Heym im Jahr 1941 im New Yorker Exil geschrieben. Erstaunlich ist, dass es bisher so gut wie keine Aufführungen gab und umso erfreulicher ist es, dass es in Chemnitz, der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 nun auf der Bühne ist; auch in Gedenken an ihren großen Sohn Stefan Heym. Das Premierenpublikum am Samstag, dem 28. Januar 2023 jedenfalls war begeistert und hat lange und anhaltend Applaus gespendet. Und auch die bisherigen weiteren Vorstellungen fanden ein überwältigendes Echo. Sehr zu empfehlen sind auch die teilweise mit dem Stück gekoppelten Diskussionsrunden, die zur weiteren Vertiefung der Thematik einladen.

Text: Stefan Tschök

Bild: Dieter Wuschanski