„Erfolgreiches Stadtmarketing für Chemnitz soll in zwei Richtungen zielen: Wie begeistern wir die, die in Chemnitz leben? Welche Entscheidungen, welche Multiplikatoren sollten dafür einbezogen werden?“, schreibt die Stadtverwaltung im neuen Amtsblatt, das heute verteilt wurde. Und weiter: „Womit überzeugen wir die, die nach Chemnitz kommen sollen? Wie gelingt es, junge Menschen… nach Chemnitz (zurück) zu holen?“
Gute Fragen. Wie sieht’s bisher aus? Nehmen wir mal die Robert-Schumann-Philharmonie und die Theater Chemnitz. Allein die für Chemnitz werbenden Veröffentlichungen in der nationalen Presse und die Übertragungen (Deutschlandradio Kultur und mdr-figaro) von „Vasco de Gama“ hätten (Texte in Anzeigen-Millimeter und Übertragungen in Werbe-Sekunden umgerechnet) die Stadt einen hohen sechsstelligen Betrag gekostet. Wer hat das Geld erwirtschaftet?
Dieser Chemnitzer „Vasco de Gama“ ist jetzt auch noch als „Wiederentdeckung des Jahres“ in der ganzen Kulturwelt gefeiert worden. (50 Kritiker aus Europa und Übersee waren von der „Opernwelt“ befragt worden). Diese Auszeichnung ist wieder ein paar tausend Euro wert. Mindestens. Und „Le grand macabre“, das sich – auch Baselitz sei Dank – ganz und gar nicht als „makaber“ erwies, erntete durchweg (keine Ausnahme!) Höchstnoten im regionalen und nationalen Feuilleton für die musikalische Leistung der Robert-Schumann-Philharmonie. Kosten kann jeder aus jeder Excel-Tabelle ablesen. Wer macht sich die Mühe, und rechnet den Marktwert aus? Dieses Orchester hat sich mittlerweile einen Spitzenplatz in der deutschen Orchesterlandschaft erobert.
Das soll künftig eine schöne Erinnerung sein. Die Robert-Schumann-Philharmonie soll bluten. Stellen abbauen. Heißt: Stadtorchester werden, so wie es sie überall gibt. Womit Chemnitz niemanden mehr hinterm Ofen vorlocken kann. Auch nicht „Fachkräfte, die ihren arbeits- und Lebensort in Chemnitz finden sollen“. Richtig, was da in der Ausschreibung steht… Auch Fachkräfte wollen nicht nur arbeiten.
Die Stadt zahlt bis zu 30.000 € allein für das Kurzkonzept, das „mindestens drei zu realisierende Maßnahmen für 2014 sowie den konzeptionellen Vorschlag für die langfristige Marketingstrategie der Stadt Chemnitz bis 2020 beinhalten“ soll. Die Umsetzung wird dann erst recht Geld kosten. Viel Geld. Mehr, als an der Robert-Schumann-Philharmonie jetzt gespart werden soll. Nur: die kann dann (nicht erst) 2020 nichts mehr reinbringen. Sie konkurriert dann vielleicht mit den Orchestern in Annaberg oder Freiberg. Eines der wichtigsten Marketing-Assets der Stadt wäre verschenkt worden…
Wie war das? Im Eigenmarketing ist stets die wichtigste Frage: Wo sind wir gut? Was können wir am besten? Wo heben wir uns von anderen ab? Die Wettbewerbsteilnehmer und die Entscheider wissen das hoffentlich.
„Erhebliche Reserven“ im Stadtmarketing erkannte auch Barbara Ludwig bei der Antrittsrede zu ihrer zweiten Amtszeit heute. Das meldet die Freie Presse.
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Ein Interview zur Orchestersituation mit dem Oboisten Volker Braun veröffentlicht die Freie Presse heute, Mittwoch