Kampfbereit. Die Robert-Schumann-Philharmonie zeigt, dass sie ein A-Orchester bleiben will

Schnell, jazzig, romantisch, ländlerisch – ja auch sentimental und grüblerisch in der Kadenz, das war musikalisch erste Sahne. Technisch hat Thomas Bruder das eh drauf. Da können die Doppelgriffe noch so gespreizt, die Höhen noch so violinhoch, die Sechzehntel-Jagden noch so perforcehaft sein – da musste man sich schon vom Hören eher die Stirn wischen als der Solist, dem Friedrich Gulda gerade einmal die Zeit dafür lässt… Tolles Werk, herausragender Solist – und Kollegen, die Melodieketten von der Flöte bis zum Fagott so ineinandergreifen ließen, dass man hätte meinen können, nur eine(r) habe gespielt.

Es hatte sich in Chemnitz (wie immer) ganz schnell herumgesprochen, welch großartige Leistung die Philharmonie mit den hauseigenen Solisten am Mittwoch abgeliefert hatte. Und so kamen die Chemnitzer in Scharen auch am Donnerstag. Mehr als sonst. Viel mehr. Als ob sie sich um die Philharmonie scharen wollten, denen die KPMG-Scharfrichter einige Finger und Beine abhacken wollen.

Christoph Dittrich, der kommende Intendant, erlebte mit, wie die Chemnitzer ihre Philharmonie mögen, und warum sie ihr A-Orchester auch weiterhin so und nicht anders haben wollen. Eben noch hochgelobt vom ganzen deutschen Feuilleton für ihre romantische Qualität bei Meyerbeers „Vasco de Gama” im Graben nun auf der Bühne der jazzige Kontrapunkt mit der Bigband (unter Rolf von Nordenskjöld) allein und im Zusammenspiel mit dem „Großen Orchester” (unter Lukas Beikircher, den wir ja nun leider nicht als Heja-Nachfolger bekommen, weil er – schade – anderswo unterschrieben hat). Dabei ist Chemnitz ein so reizvolles musikalisches Pflaster, und könnte (muss) es bleiben…

Da kommt eine Regine Müller, schwarz, schlicht, schlank, stellt sich hin, und bläst auf ihrer Klarinette den vertrackten Copland, als ob das das Normalste von der Welt wäre. Und jeder spürte, warum auch die vertracktesten Solo-Stellen der Klarinette im normalen Opern- und Konzertalltag so gar nie daneben liegen – weil in dieser Robert-Schumann-Philharmonie so viel künstlerische und technische Begabung steckt, weil Musiker wie Regine Müller, die anderswo vor dem Orchester als Solisten ihr Geld verdienen, hier mitten im Orchester sitzen. A-Klasse. Augenhöhe mit Leipzig und Dresden.

(Übrigens: Glenn Miller war es nicht. Da hat sich Reinhold Lindner bei seiner Kritik in der Freien Presse getäuscht. Glenn Miller spielte Posaune. Sein Klarinettenkonzert schrieb Aaron Copland nicht für ihn, sondern für einen der vielseitigsten Klarinettisten des 20. Jahrhunderts, für Benny Goodman. Der Mann spielte von Mozart bis Jazz alles, eben auch Coplands Klarinettenkonzert, das in seinem Auftrag entstanden war, und das er zusammen mit dem Komponisten uraufgeführt hat.)

Die Robert-Schumann-Philharmonie hat sich und den Chemnitzer Kunstfreunden mit den beiden Konzertabenden diese Woche einen Dienst erwiesen. Sie hat gezeigt, dass sie kämpft. Mit ihren Waffen. Manchmal sagt musikalischer Klartext mehr als tausend Wörter Politiker-Bla-Bla.