Aufrüttelnder Schostakowitsch, versöhnender Mendelssohn

Das haben sie. Der Schostakowitsch wirkte in der halligeren Kirche noch aufrüttelnder als bei der Matinee im „trockeneren“ Rangfoyer des Opernhauses (wir berichteten). Hartmut Schill zeigte sich beeindruckt. Das in Erinnerung an die Dresdenbombardierung entstandene Quartett ließ den Konzertmeister der Robert-Schumann-Philharmonie zurückdenken an die vielen musikalischen Abende in der noch halbzerstörten Jakobi-Kirche, die nun so wundervoll restauriert worden ist.

Das Engagement der Philharmoniker über den eigentlichen Job hinaus wird oft unterschätzt. Leider. Sie spielen nicht nur für den „guten Zweck“, etwa die Restaurierung der Jakobi-Kirche, sondern sie kümmern sich auch um den „Nachwuchs“. Schon im neunten Jahrgang profitieren junge Profi-Musiker, die Akademisten, von der Erfahrung ihrer großen Kollegen, die sich nicht zu schade sind, diese Erfahrung weiterzugeben. Und wenn Thomas Bruder, der Konzertmeister am Cello, nicht selbst mitspielen kann (immer andere Aufgaben während der Proben), springt wie selbstverständlich Kollege Jakub Tylman ein, wie am Sonntagabend.

Und der bringt seine Frau mit (das Baby ist bei der Oma) – herzlich begrüßt vom Kollegen, der selbstverständlich zum Hören gekommen ist. Die Erstes-Pult-Cellisten wissen, dass das Akademistenkonzert nicht ein Mucke-machen-Ding ist, sondern eine Herausforderung, ja, auch eine Sternstunde in der – stets beachtenswerten – Reihe der Jakobi-Kirchen-Konzerte, die sich sonst meist dem Barock widmet. Nun also neben dem 20. Jahrhundert (Schostakowitsch) der Frühromantiker Mendelssohn.

16 Jahre war er jung, als er für die Mendelssohnschen „Sonntags(haus)konzerte“ (passt…) dieses „sinfonische“ Oktett schrieb. Selbst ein Schill schüttelt nicht aus dem Ärmel, was der junge Hirsch Mendelssohn hier für einen begabten Geigerfreund violinkonzertmäßig in die Stimme hineinzauberte. Wenn Mentoren selbst üben, um ihren Schützlingen eine Freude – und gemeinsam dem Publikum einen Hochgenuss – zu verschaffen, ist das bemerkenswert. Und auch die Kollegen Benjamin Fuhrmann (2. Geige) und Matthias Worm saßen höchst aufmerksam auf dem Schnäpperchen. Wenn Worm das Tempo falsch angäbe, käme Schill ins Schwimmen. Klar, dass die beiden „Bayreuther“ sich kennen, und dass das nicht passiert.

Was aber begeisterte, war, dass kein Unterschied zu hören war zwischen den Alt- und den Jung-Profis. In dem von Fugati und Doppel-Fugati gespickten Oktett muss jeder noch so filigrane Einsatz passen. Sie passten alle. Einheitliche Meinung von Profis und begeistert klatschendem Publikum: ein richtig guter Akademisten-Jahrgang.

Seit fast zehn Jahren finanziert der Theaterförderverein die jungen Profis, die bei der Robert-Schumann-Philharmonie-Orchesterpraxis lernen und von da aus ihre Karriere starten. Toi, toi, toi für die vier jungen Koreaner dieses Jahrgangs. Und: Hoffentlich wird der neue Jahrgang, für den gerade die Ausschreibung läuft, genauso gut. Der Förderverein wird die Akademisten wieder unterstützen. Vielleicht sollte die Ausschreibung künftig nicht nur an den Hochschulen in Dresden, Leipzig und Weimar ausgehängt werden, sondern deutschlandweit. Was nicht ist, kann werden. Mancherorts schauen junge Musiker neidisch auf ihre jungen sächsischen Studienkollegen, die bei der Robert-Schumann-Philharmonie die ersten Karriere-Schritte auf Podium und im Graben machen dürfen…

Die Akademisten der Robert-Schumann-Philharmonie und ihre Mentoren – eine Erfolgsgeschichte. Der Sonntagabend hat’s wieder mal gezeigt. Schön, dass der Theaterförderverein seinen Teil zu diesem Chemnitzer Sonderweg beiträgt.