Auch das ist Chemnitz: Intendant wagt ein Tänzchen mit Eliza

Kultur ist auch politisch, schrieben wir gestern. Auch. Aber nicht nur. Sie soll auch unterhalten. Das ist die andere Seite der Medaille, die bessere. Wie gut sie auch das kann, bewiesen die Solisten, der Chor der Städtischen Theater und die Robert-Schumann-Philharmonie heute Abend wieder aufs Beste.

Gestern die Neunte und ein Intendant, der die richtigen Worte fand. Wohl überlegte. Heute Programmausschnitte von dem, worauf wir uns in der kommenden Spielzeit freuen dürfen, und ein Intendant, dem die Moderatoren-Worte locker-flockig aus dem Mund fielen. Nur einmal wurde er ernst: „Wir werden im Diskurs bleiben“. Theater deckt nichts zu, denkt und spielt mitten im Leben. Aber dazu gehört auch Freude am Schönen. Sie ist der größte Feind des Hasses.

Gestern vor dem Konzert ob der Umstände bedrückte 5.000, denen Beethoven und Schiller den Götterfunken weitergaben. Heute 4.000, die unbeschwert (und trocken) die Freude genossen, die Theater bieten kann. Strauß im Programm mit der „Fledermaus“ mit Katharina Boschmann als „Unschuld vom Lande“, Suppés „Teufel auf Erden“ wäre vor ihr in die Knie gesunken. Siyabonga Maqungo besang das wunderschöne Bildnis und dachte dabei vielleicht nicht an seine Pamina, sondern an Tatiana Larina, die im „Hamlet“ von Franco Faccio groß rauskommen wird, oder an Sophia Maeno, die als Sesto in Mozarts Oper auf die Güte von Titus angewiesen ist.

Besondere Beifall, das Publikum ist offenbar froh darüber, als Christoph Dittrich ankündigte, dass das Ballett in „Schwanensee“ wieder spitze und Spitze tanzt. Ein heißer Bernstein machte den Auftakt des Abends, ein schmetterndes „Granada“ leitete über zum üblichen, diesmal besonders schönen, Feuerwerksdonner zur Musik der Stretta aus Rossinis „Wilhelm Tell“, flott wie alles andere dirigiert von Jakob Brenner. Ihm stand in nichts Stefan Bilz nach, der seinen Chor (und wenn das Orchester dabei ist, auch es), wunderbar im Griff hat.

Wagner („Siegfried“ und „Götterdämmerung“ stehen an und schon im Januar gibt’s den „Ring“ komplett) fehlte, aber Chemnitz ist auch Musical-Stadt. Und mit „Drachenherz“ (Florentine Beyer, Denis Riffel höchst musicalaffin) ist man ja vom „Ring“ soweit nun gar nicht entfernt.

Aber vor allem auf „My fair Lady“ dürfen wir uns wieder freuen. Ob mit oder ohne Intendanten-Einspringer. Und vielleicht findet diese wunderbare Inszenierung ja auch wieder open air statt. Stadträte aus den wichtigen Fraktionen haben ja schon erkennen lassen, dass sie Fehler korrigieren können. Und dass es vielleicht (besser: sicher) gar nicht gut war, ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Stadt so knausrig zu sein und die „Fair Lady“ ganz unfair ins Haus zu verbannen.

Herrlicher Auftakt für die neue Saison, ganz ohne Untertitel. Ach so, im Haus drin gibt’s eine neue Übertitelungsanlage, wie der Generalintendant ankündigte, mit „LED“. Übertitelung hilft zum Verständnis fremder Sprachen. Hätten wir doch nur auch eine, die Pro (Contra) Chemnitz und seine Bräunlinge lesen könnten…