So werden die Menschen die fast vergessene Boito-Oper wieder lieben – Chemnitzer „Mefistofele“-Produktion hat Referenz-Charakter —
Es war eine der besten Produktionen der Chemnitzer Oper aus den letzten Jahren. Für Nicht-„Ring“-Fans eindeutig die herausragende. Bestimmt aber die aufwändigste. Es zischt und knallt auf der Bühne, ein Haus brennt, griechische Schönheitshelden schweben in Riesenblubbern durch die Lüfte wie Mefistofele und Faust durch Zeit und Raum. Es glitzert und blinkt, ein Riesengerüst wird himmlisch besetzt von Cherubinen, dient als Walpurgisnacht-Spielhölle mit Pokertischen, Blinkautomaten und Bikini-Mädchen, Engel tanzen Ballett. Die Bühne hebt und dreht sich, das Licht taucht Teuflisches in Rot, Himmlisches in Warmgold. Der Chor ist durch Extra- und Kinderchor ergänzt. Bisweilen sind mehr als hundert Menschen auf der Bühne – Trompeter blasen sich hoch auf dem Gerüst die Luft aus den Lungen, und drunten im Graben zaubern die Philharmoniker göttliche Flöten- und Harfentöne und teuflisches Bass- und Fagottgebrumm. Mit geschlagenen zehn Minuten Beifall überschüttete das Publikum im gut besetzten Chemnitzer Opernhaus am Samstag bei der Premiere von Arrigo Boitos „Mefistofele“ die Protagonisten dieser gigantischen Show auf der Grundlage des deutschesten aller deutschen Dramen, bearbeitet und komponiert von einem Italiener, in Szene gesetzt von einem Ungarn. Eine Referenz-Produktion. Bettina Volksdorf, gewieft sachkundige Redakteurin im Radio, wird sich verschämt die Augen reiben und ein schlechtes Gewissen kriegen, weil sie, wie sie auf Facebook bekannte, an diesem kulturknallenden Wochenende im mdr-Land auf Halle, Dresden und Nordhausen gesetzt und, Teufel aber auch, den Mefistofele hintan gesetzt hat…
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