Save the date! Da müsste, sollte, könnte man…

Spiel.Schau.Schauspiel

Komödie. Tragödie. Aus, fertig. Junge, waren das Zeiten, als es nur zwei Gattungen gab! Jetzt werden im Theater Gräuelmärchen gespielt, Collagen komponiert, Experimente probiert, die Kammer bespielt und – ja – Tragödie und Komödie gibt’s auch noch. Die Theaterwelt ist bunter geworden. Aber nicht nur sie. Wahrscheinlich hat sie sich nur angepasst. An uns. An das Spiel, das Leben heißt. An die Schau von anderen auf uns und von uns auf die Umwelt. Wer hat Recht? Wer bestimmt, was wahr ist? Ist der Wahr-Sager ein Menschenfeind? Wer sind die Schau-Spieler? Wir, oder die auf der Bühne?

Schauen wir, was das Chemnitzer Schauspiel rund um die „Festung.Ich“ in der nächsten Spielzeit spielt. Nicht auf alles. Das wäre viel zu viel. Das Schauspiel ist wieder überaus fleißig. Das ist wahr.

Ob Wahrheit, nichts als die Wahrheit, schließlich nicht komisch wird in einer Welt der vielen kleinen (und großen) Lügen, darum kümmert sich der Chef selbst. Carsten Knödler macht als Direktor seine erste Komödie in Chemnitz (Premiere 3. Oktober 2015) – und bringt nach dem „Volksfeind“ (Ibsen) nun den „Menschenfeind“ (Molière). Wenn das Lachen einfriert, weil die existenzielle Bedrohung alles lächerlich macht, selbst die Moral, dann sind wir 250 Jahre weiter als Molière, bei den Tragikomödien von Friedrich Dürrenmatt. Geändert hat sich – nichts. Das Mäntelchen der bürgerlichen Wahrheitslüge stinkt dort wie hier (in Güllen) nach Gülle und der Krämer Ill wird zum elenden (engl. Ill – krank, elend) Menschenfeind… (Premiere 23. April 2016)

Jenseits der Wahrheit aus dem Kopf sind die wahren Gefühle. Niemand hat mehr darum gerungen als die Stürmer und Dränger. Jetzt versuchen wieder vier junge Menschen herauszufinden, ob Schau-Spiel ihr Leben sein wird. Das Chemnitzer Schauspielstudio, vor drei Jahren gerettet und finanziell getragen vom Theaterförderverein, existiert weiter. Mit „Lenz. Festung. Ich“ wagen die vier jungen SchauspielerInnen den Rasierklingentanz zwischen Ich, Gesellschaft und Schauspielertraum. Gleich beide Studio-„Eltern“ leisten Hilfe: Kathrin Brune hat den Text geschrieben und zusammengewürfelt und führt Regie, René Schmidt ist der verantwortliche Dramaturg. Und erstmals werden auch Bühne und Kostüme von Studenten entworfen (Masterstudiengang Bühnenbild/Szenischer Raum der TU Berlin). Wir freuen uns drauf (Premiere 8. Oktober 2015 im Ostflügel).

Nicht nur junge Spieler, sondern auch junge Autoren lernen wir kennen, wenn der „Chemnitzer Theaterpreis für junge Dramatik 2016“ die drei Preisträger nominiert hat. Nach nur zwei Jahren steht der Preis mittlerweile für spielfreudiges, Aufsehen erregendes, mutiges Theater. „Die Erben des Galilei“ von Martin Bauch lief/läuft bereits zwei Spielzeiten lang! Letzte Aufführung am 29. Mai 2015 – also diesen Freitag. Freinehmen, auf keinen Fall verpassen, wer es noch nicht gesehen hat. „Zerstörte Seele“ von Jan Peterhanwahr, das diesjährige Preisträgerstück, hat nicht nur die Jury und das Publikum überzeugt, sondern wurde gar eines der wichtigsten Stücke der laufenden Spielzeit. Die mit dem zweiten und dritten Preis ausgezeichneten Arbeiten der 3. Preisrunde werden wieder in einer szenischen Lesung geboten, die Premiere des Siegerstücks geht am 22. April 2016 über die Bühne des Ostflügels.

Falls es eine (Bühne) gibt. Der Erfolg von „Zerstörte Seele“ ist auch ein Gutstück dem Einfall von Petra Linsel zu verdanken, statt einer Bühne einen Würfel zu bauen, und Alexander Flache, dem Regisseur, der die Zuschauer zum Voyeurismus durch die Blickscharten verführt.

Flache darf sich in der nächsten Spielzeit um die Liebe kümmern, um Goethes „Stella“ (Premiere 4. März 2016), den Stern zweier Männer. Wen liebt sie wirklich, und wer liebt sie tiefer? Wieviel wird gelogen, wenn es um Liebe geht? Was hat die Gesellschaft mit der Innigkeit zweier Menschen zu tun? Allen voran die Eltern? Schön, dass parallel zu „Stella“ auch das 6-Autoren-6 Regisseure-Stück „Vom Ende einer Kindheit“ als Wiederaufnahme kommt. Die Termine stehen noch nicht fest, wohl aber der Termin der Premiere noch in dieser Spielzeit (am 18. Juni 2015, Ostflügel). Tolles Experiment.

Kein Experiment mehr sind die „musikalischen“ Schau-Spielereien. Da es noch immer Leute geben soll, die bisher keine Karten kriegten und andere, die zum x-ten Mal Lust auf Brel oder die Beatles haben, kommen alle als Wiederaufnahmen: „Romeo und Julia auf der Abbey Road“ (ab 11. September 2015), „Ne me quitte pas“ (vom 26. September an) und „Ring of fire“ (ab 13. November).

Fleißig sind sie, unsere Freunde vom Schauspiel, haben wir oben festgestellt. 28 (!) Premieren und Wiederaufnahmen sind für die neue Spielzeit angekündigt – und da ist noch nicht mitgezählt, was alles im Late-Night-Format der „Nachtschicht“ (übrigens auch unterstützt vom Theaterförderverein) an Spiel und Show geboten wird. Damit alles ein Schau-Spiel wird, gehören Sie dazu. Schau-en Sie sich’s an!